Im Rahmen unseres FACHPACK-Vortrags haben wir – Stefan Laske (Mondi AG) und Annika Schoofs (Futury GmbH) – zwei Perspektiven zusammengeführt: Wie verwurzelt sich Innovation im Konzern und wie findet sie auf Seiten von Startups ihren Weg in den Markt? In diesem Beitrag fasse ich die Kernaussagen unserer Session zusammen, gebe praktische Empfehlungen und illustriere, wie Unternehmen und Startups zusammenarbeiten müssen, damit Innovationen nicht nur entstehen, sondern auch skaliert werden.
Warum ein grundlegendes Rahmenwerk wichtig ist
Bevor Innovation überhaupt starten kann, braucht es Orientierung: Bei Mondi bildet der „Mondi Action Plan 2030“ das strategische Gerüst. Ein solches Programm verankert Ziele, Prioritäten und auch Budgetverantwortung – und schafft für Innovations- und F&E-Teams die notwendige Sicherheit.
Wichtige Punkte dieses Rahmens sind:
- Kreislauffähige Lösungen: Ziel 100 % recyclingfähig, wiederverwendbar oder kompostierbar (Zero Waste Zielvorgabe).
- Empowerment: Menschen befähigen, in ihren Arbeitsbereichen die Ziele zu erreichen.
- Klima und Maßnahmen: Konkrete Vorgaben für Emissionsreduktion und operative Maßnahmen.
Ein festgelegtes Ziel sorgt dafür, dass Innovationen aus internen wie externen Quellen an denselben Kompass gebunden werden – und nicht als Einzelaufgaben ohne Anschluss bleiben.
Interne vs. externe Innovation: Die richtige Balance finden
Wir unterscheiden zwei grundlegende Innovationsarten:
- Interne Innovation: Entsteht häufig durch Teams, die bestehende Prozesse optimieren oder inkrementelle Verbesserungen durchführen – etwa neue Barrieren, Bedienkonzepte oder Materialformulierungen. Solche Ideen sind inklusiv und erreichbar, führen aber selten zu radikalen Sprüngen.
- Externe Innovation: Kommt von außen – Startups, Forschung, neue Technologien. Diese Ideen haben oft ein größeres disruptives Potenzial, müssen aber in die Unternehmensrealität integriert werden.
Gerade jetzt brauchen wir viele große Sprünge. Deshalb ist externe Innovation kein „Nice-to-have“, sondern strategische Notwendigkeit.
Voraussetzungen für erfolgreiche externe Innovation
Aus unserer Erfahrung sind folgende Faktoren unabdingbar:
- Strategische Verankerung: Innovation muss als Priorität gelten, inklusive Budget, KPIs und klarer Ziele.
- Top-Level-Commitment: Ohne Unterstützung auf Vorstandsebene geht nichts – externe Ideen sterben schnell in Bürokratie oder Ressentiments.
- Offene Unternehmenskultur: Weg von „Not-invented-here“-Mentalität hin zu echtem Öffnen und Testen.
- Eigenständige Innovations-Units: Teams, die unabhängig von den täglichen KPIs des Kerngeschäfts arbeiten können.
- Agile Prozesse & passende KPIs: Metriken, die Experimentierfreude und schnelles Scheitern ermöglichen.
- Rollen & Integrationskapazitäten: Frühe Verantwortlichkeiten für die Überführung erfolgreicher POCs in die operative Welt.
Ohne diese strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen bleiben viele gute Ideen auf der Strecke.
Das Mondi Matchmaker-Programm: Strukturierte Zusammenarbeit statt Zufall
Wir haben mit Mondi den Matchmaker entwickelt – ein bewusstes, dreistufiges Vorgehen, um Startups nicht zufällig, sondern zielgerichtet zu identifizieren, zu testen und zu integrieren.
Die drei Schritte des Matchmakers
- Image aufbauen & Einstieg schaffen:Wir zeigen klar: Mondi ist offen für Kooperationen, wir arbeiten partnerschaftlich auf Augenhöhe und stellen Ressourcen zur Verfügung.
- Call for Action & Proof of Concept (PoC):Gezielte Themenvorgaben, offene Calls und eine aktive Suche führen zu einem Dealflow (beispielsweise über 200 Bewerbungen). Ausgewählte Startups durchlaufen einen konzentrierten PoC (4–6 Monate). Wir stellen Arbeitszeit, Maschinenzugang, Qualitätsabteilungen, Kundenzugänge u. v. m. – und prüfen Technologie, Team-Fit und Business-Case.
- Umsetzung & Skalierungsoptionen:Nach erfolgreichem PoC gemeinsam entscheiden, wie es weitergeht: Liegt ein Kunden-Lieferanten-Verhältnis nahe? Ist Venture Clienting sinnvoll? Oder ist Corporate Venture Building eine Option? Entscheidend ist der Fit – technologisch, kommerziell und kulturell.
Ein klares Learning: Investitionen in Startups als primäres Ziel sind selten die effizienteste Route. Vielmehr geht es darum, Lösungen zu integrieren und gemeinsam zu skalieren.
Die Sicht der Startups: Marktzugang, Validierung und Teamfit
Aus Sicht von Futury ist der entscheidende Engpass für Startups im Verpackungsbereich nicht die Technologie allein – sondern der Marktzugang. Startups benötigen:
- Zugang zu Industriepartnern, die ihre Prototypen testen und validieren.
- Klarheit über Marktbedürfnisse und Geschäftsmodelle (B2B ist oft entscheidend).
- Netzwerke entlang der gesamten Wertschöpfungskette – damit Design-for-Recycling, Produktion und Recycling kompatibel gedacht werden.
Wir haben im Trend-Scouting und in Heatmaps (hohe Innovationskonzentration u. a. in USA, Indien, UK) erkannt: Ideen sind global verfügbar – die Herausforderung ist die lokale, zielgerichtete Auswahl und das anschließende Testen in der realen Industrieumgebung.
Wie Futury Startups unterstützt
- Problem-Workshops mit Industriepartnern: Konkurrenzsensitive Akteure zusammenbringen, um reale Herausforderungen zu präzisieren.
- Gezielte Scouting- und Matchmaking-Services: Relevante Startups identifizieren und vorselektieren (Screening, Business Model Fit, Team Fit).
- Pilotprojekte entlang der Wertschöpfungskette: Mehrere Partner reduzieren Risiko und schaffen Marktzugang.
Ein Praxisbeispiel: Ein KI-basiertes Startup (Standort: Stuttgart/Ljubljana) analysiert Abfallströme, um daraus wirtschaftliche Geschäftsmodelle und sekundäre Rohstoffpfade abzuleiten. Im Pilot mit Industriekunden wurden nicht nur Produktanforderungen geschärft – es entstanden auch Kooperationen mit anderen Startups (z. B. für Materialanalyse), die ohne dieses Netzwerk nicht zustande gekommen wären.
Kultur, Geschwindigkeit und Erwartungen: Die größte Hürde ist die Übersetzung
In der anschließenden Diskussion haben wir festgestellt: Es geht weniger um „Gleichmachen“ von Startups und Corporates, sondern um Übersetzen. Unterschiedliche Geschwindigkeiten, Ressourcen und „Sprachen“ (Kosten, Skalierung, Zeit) erfordern:
- Klare Erwartungsmanagement-Prozesse
- Transparente Kommunikation
- Externe oder interne Vermittler, die beide Welten verstehen
„Innovation beginnt mit einer Idee und endet mit einer Rechnung.“
Dieser Satz bringt es auf den Punkt: Ideen sind nur so viel wert wie ihre Fähigkeit, einen Markt zu erreichen und wirtschaftlich zu funktionieren.
Risiko vs. Chance
Viele fragen: Ist die Zusammenarbeit mit Startups nicht zu riskant, da viele scheitern? Unsere Antwort: Nein – wenn man es als Risikomanagement betrachtet. Innovationsprojekte (intern wie extern) haben Erfolgsquoten von oft nur 20–30 %. Die größere Gefahr ist, etwas zu verpassen, das den Markt entscheidend verändert.
Besonderes Augenmerk: Skalierung, Design for Recycling und holistische Ansätze
Gerade in der Verpackungsindustrie zeigt sich: Technische Lösungen im Labor sind nur ein Teil der Antwort. Für nachhaltige Innovationen braucht es:
- Design-for-Recycling von Anfang an
- Einbindung von Recycling- und Entsorgungsinfrastruktur
- Mehrere Industriepartner, um Marktzugang und Skalierung zu sichern
Ohne diese ganzheitliche Sicht besteht die Gefahr, dass Materialinnovationen nicht recycelt werden können oder keine wirtschaftliche Anwendung finden.
Inklusive Geschäftsmodelle und soziale Integration
Auf die Frage, ob inklusive Lösungen (z. B. Werkstätten für Menschen mit Behinderung) in Verpackungsprojekten machbar sind, lautet die Antwort: Ja. Ein konkretes Beispiel ist ein Start-up aus dem B2B-Bereich (Rhino Pack), das wiederverwendbare Verpackungen in Rücknahmeprozessen einsetzt und kleinere Reparaturen in inklusiven Werkstätten durchführen lässt. Skalierung ist oft die Herausforderung, nicht die Machbarkeit.
Was kann ein Ecosystem wie Future Pack bewirken?
Events und Ökosysteme sind mehr als nur Networking-Plattformen. Future Pack dient als Bühne und Übersetzer:
- Startups bekommen Sichtbarkeit gegenüber relevanten Industriepartnern.
- Corporates erhalten kuratierte Innovationen und externe Übersetzungskompetenz.
- Workshops und Pitches beschleunigen erstes Feedback, Pilotprojekte und Commitment.
Deshalb organisieren wir Future Pack als dedizierten Tag vor Fachpack – um Raum für intensive, ungestörte Begegnungen zu schaffen, die im üblichen Messebetrieb oft zu kurz kommen. Unser Appell an Startups: Nutzt diese Bühne. Unser Appell an Unternehmen: Kommt mit offenem Mindset und konkretem Interesse.
Praktische Empfehlungen für Unternehmen und Startups
- Für Unternehmen: Verankert externe Innovation strategisch, schafft autonome Teams, definiert KPIs für hohe Fehlerraten und stellt Entscheidungskapazitäten auf Führungsebene bereit.
- Für Startups: Seid vorbereitet: Klare Problemdefinition, Business Model, Skalierungsstrategie und Bereitschaft, euer Produkt gemeinsam mit Industriekunden anzupassen.
- Für beide: Erwartungsmanagement, transparente Kommunikation und die Bereitschaft, kulturelle Übersetzungsarbeit zu leisten.
Fazit: Übersetzen, Testen, Skalieren
Innovation ist heute weniger ein Zufallsprodukt als ein Prozess, der strategische Verankerung, klare Strukturen und echte Partnerschaften braucht. Startups brauchen Marktzugang und Validierung – Unternehmen brauchen Tempo und disruptive Ideen. Wer die Lücke zwischen Markt und Innovation schließen will, muss beides verbinden: strukturierte Matchmaking-Prozesse (wie unseren Matchmaker), kuratierte Ökosysteme (wie Futury) und die Bereitschaft, in Pilotprojekte zu investieren.
Wenn wir eines in der Session deutlich gemacht haben, dann dies: Die größte Gefahr ist nicht das Scheitern einzelner Projekte, sondern das Verpassen von Innovationen, die Märkte verändern. Deshalb lautet unsere Einladung: Kommt nach Nuremberg zum Future Pack (22. September) und zur FACHPACK (23.–25. September). Lasst uns gemeinsam testen, lernen und Ideen in die Realität bringen.
Wenn Sie Fragen haben oder mehr über den Matchmaker-Prozess von Mondi oder unsere Arbeit bei Futury erfahren möchten, sprechen Sie uns gern an – persönlich auf der Fachmesse oder im Nachgang digital. Gemeinsam lassen sich gute Ideen tatsächlich zur Marktreife bringen.
Weiterführende Hinweise und Kontakt
Wenn Sie tiefer in einzelne Themen einsteigen möchten—etwa in den Mondi Action Plan 2030, Best Practices für Design for Recycling oder die Teilnahme am Future Pack—sprechen Sie uns gerne an. Vor Ort auf der FACHPACK oder digital geben wir konkrete Hinweise zu Pilotmöglichkeiten, PoC-Strukturen und Kooperationsmodellen.
Kontaktieren Sie bitte die Vortragenden: Stefan Laske (Mondi AG) und Annika Schoofs (Futury GmbH). Wir freuen uns auf konkrete Fragestellungen zu Technologie-Scouting, Matchmaking-Prozessen und Skalierungsstrategien.
Hinweis: Für diese Ergänzung wurden keine externen URLs zur Verfügung gestellt. Gerne fügen wir bei Bedarf passende Links (z. B. zu Programmen, Veranstaltungen oder Anmeldeformularen) ein, wenn Sie uns die gewünschten URLs übermitteln.
Interessant! |
Hier gibt’s noch mehr Inhalt. |
Click me |